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Eisenstadt, 10. September 2025 (aiz.info)

Winzer im Burgenland schlagen Alarm - Weinbau fordert Perspektiven

Weinlese 2025: Branche kämpft mit niedrigen Traubenpreisen, steigenden Kosten und rückläufigem Weinkonsum und fordert langfristige Strategien für die Zukunft

Die Weinlese hat bereits begonnen. Die Qualität und der Ertrag der heurigen Weinernte schauen sehr vielversprechend aus. Doch die burgenländischen Winzerinnen und Winzer blicken mit Sorgenfalten in die Zukunft. Explodierende Produktionskosten, rückläufiger Weinkonsum, überbordende Bürokratie und zunehmender internationaler Wettbewerb und zuletzt sehr niedrige Traubenpreise setzen die heimischen Weinbaubetriebe massiv unter Druck. Vertreterinnen und Vertreter der Landwirtschaft und des Weinbaus betonen die Notwendigkeit gemeinsamer Lösungen, um die Zukunft des heimischen Weinbaus abzusichern und fordern die Bundesregierung auf, rasch zu handeln.

Österreichs Weinbaupräsident Johannes Schmuckenschlager betont die aktuell schwierige wirtschaftliche Lage der Weinbranche, zeigt sich jedoch zugleich zuversichtlich für den heurigen Jahrgang. „Unsere Winzerinnen und Winzer stehen derzeit vor enormen Herausforderungen: Rekordhohe Produktions- und Betriebsmittelkosten, ein rückläufiger Weinkonsum, fehlender Bürokratieabbau, begrenzte Pflanzenschutzmöglichkeiten und wachsender internationaler Wettbewerbsdruck setzen die heimischen Betriebe enorm unter Druck“, erklärt Schmuckenschlager und fordert: „Umso wichtiger sind jetzt rasche und wirksame politische Maßnahmen, um die Zukunft unserer kleinstrukturierten Weinbaubetriebe zu sichern. Wir brauchen einen konsequenten Bürokratieabbau, verstärkte Werbe- und Vermarktungsmaßnahmen, eine schnelle Umsetzung von EU-Beschlüssen in Österreich, wie etwa die Entlastung des Rotweinmarktes, und die zügige Zulassung wirksamer Pflanzenschutzmittel.“ Gleichzeitig gebe es aber auch Grund zur Zuversicht, so Schmuckenschlager: „Die Natur hat es in diesem Jahr gut mit uns gemeint. Mit der Lese 2025 erwarten wir einen fruchtigen, etwas leichteren Jahrgang. Das ist genau das, was momentan am nationalen und internationalen Weinmarkt gefragt ist. Dieser Jahrgang hat das Potenzial, dem gesamten Weinmarkt wichtige Impulse zu geben.“

Nikolaus Berlakovich, Präsident der Bgld. Landwirtschaftskammer, bekräftigt die Forderungen:
„Unsere Winzerinnen und Winzer leisten wertvolle Arbeit. Sie sichern die hohe Qualität des burgenländischen Weins und erhalten unsere Kulturlandschaft. Doch die Lage ist alarmierend. Auf der einen Seite sind die Weinbaubetriebe mit explodierenden Kosten für Glasflaschen, Kartonage, Korken, Betriebsmittel und Maschinen konfrontiert. Überbordende Auflagen, Genehmigungsverfahren und Dokumentationspflichten setzen besonders kleinstrukturierte Betriebe unter Druck. Auf der anderen Seite stehen rückläufiger Weinkonsum und dadurch geringerer Umsatz. Dazu kommt noch, dass die Traubenpreise sehr niedrig sind und kein kostendeckendes Wirtschaften ermöglichen. Das heißt, dass viele Winzer aktuell weit unter den Produktionskosten arbeiten. Hier braucht es dringend faire Rahmenbedingungen, damit die Winzerinnen und Winzer nicht ihre Existenzgrundlage verlieren. Die EU hat wichtige Maßnahmen beschlossen – von Förderprogrammen über die Entlastung des Rotweinmarktes bis hin zu klaren Regeln für alkoholfreie Weine. Wir unterstützen die Forderung des Weinbauverbands auf deren einfache, nachvollziehbare und unbürokratische Umsetzung in Österreich, um den Betrieben rasch spürbare Entlastung zu verschaffen.“ 
Ein Beispiel: Eine Winzerin erntet die erlaubte Höchstmenge von 10.000 kg/ha und erhält laut den derzeitigen Traubenpreisen zwischen 3.000 bis 3.500 Euro pro Hektar für Rotwein. Um kostendeckend zu arbeiten wären 6.000 bis 8.000 Euro/kg nötig – also das Doppelte.

Andreas Liegenfeld, Präsident des Burgenländischen Weinbauverbandes, unterstreicht die besondere Belastung der Betriebe: „Einerseits rechnen wir heuer mit einer mengenmäßig guten Durchschnittsernte von rund 650.000 Hektolitern. Die Weine des Jahrgangs 2025 werden nicht zu opulent sein, keinen zu hohen Alkoholgehalt aufweisen und sich leicht und elegant, mit Frucht, Trinkfluss und spannender Säure präsentieren – ein Weinstil, der momentan national und international gefragt ist. Aber was bringt eine Top-Qualität, wenn ich dafür nicht dementsprechend bezahlt bekomme. Der Traubenpreis derzeit, ausgehend vom Bezirk Neusiedl liegt für Weißwein um die 70 Cent und für Rotwein um 30-40 Cent am freien Markt, zuletzt waren im Jahr 2019 die Preise so niedrig. Viele Betriebe fragen sich, wie sie unter diesen Bedingungen noch wirtschaftlich arbeiten sollen und überlegen aufzuhören und ihre Flächen zu roden. Wir fordern daher verlässliche und langfristige Rahmenbedingungen sowie einen konsequenten Bürokratieabbau, damit die Winzerinnen und Winzer ihre unternehmerische Handlungsfähigkeit zurückgewinnen. Angesichts der prekären Marktsituation braucht es verstärkte Vermarktungsmaßnahmen und flexible Finanzierungsinstrumente. Seitens des Österreichischen und Burgenländischen Weinbauverbands fordern wir eine Intensivierung der Werbemaßnahmen der Österreich Wein Marketing GmbH (ÖWM) und eine rasche, unbürokratische Umschichtung von rund 5 Mio. Euro an nicht ausgeschöpften EU-Mitteln, um gezielt auf Marktveränderungen reagieren zu können.“

Herbert Oschep, Obmann Wein Burgenland, betont die Wichtigkeit der Zusammenarbeit:
„Unsere Winzerinnen und Winzer setzen auf Qualität, Nachhaltigkeit und Regionalität. Damit diese Strategie auch in Zukunft Früchte trägt, braucht es ein faires Miteinander entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von der Traubenproduktion bis zum Weinverkauf und Weintourismus. Auf diesen setzen wir in den nächsten Monaten verstärkt unseren Fokus, denn rund 23 Prozent der Gäste im Burgenland geben Kulinarik und Wein als ausschlaggebende Motive für ihren Urlaub in der Region an. Wir wollen dieses ‚Weinerlebnis‘ mit eigenen Projekten, Angeboten und Marketingkampagnen noch mehr in den Fokus rücken. Eines ist klar: nur gemeinsam können wir die Herausforderungen meistern.“ (Schluss)
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